Gans oder Ganter, das ist hier die Frage, denn nach wie vor fällt es manchem Gänsehalter oder Züchter schwer, das Geschlecht seiner Tiere genau zu bestimmen. Vieles wird hinein interpretiert, wie z. B. äußere Merkmale. Mal ist es der schlanke Hals oder die Stimme, dann die aufgerichtete Haltung. All diese Kriterien sind äußerst vage. Sind die Tiere ausgewachsen, dann zeigen sich deutliche Unterschiede der Geschlechter und es werden die o. g. Merkmale deutlich.
Bei Jungtieren versagt diese Methode jedoch, wenn sich auch in der Herde einige Ganter aufgrund besonderer Stärke bereits sichtlich bemerkbar machen. Die schwächeren Ganter werden von ihnen aber unterdrückt und scheinen deshalb, weil sie infolge der Demutshaltung nichts Ganterhaftes an sich haben, Gänse zu sein. Handelt es sich um natürlich aufgezogene Junggänse, von denen eine schöne kräftige beim Zuchtstamm bleiben soll, mit dem sie vom Gössel ab lief, kann es passieren, dass sich der Halter/Züchter im Frühjahr wundert, wenn der alte Ganter die vermeintliche »Junggans« abbeißt. Sie legt auch nicht, und man glaubt, das hängt mit der Vertreiberei zusammen. Denn eines schönen Tages stellt man dann fest, dass es ein Ganter ist.
Mit größter Sicherheit läßt sich das Geschlecht der Gänse durch die Untersuchung der Kloake ermitteln. Das ist bei Altgänsen, die geschlechtsreif sind, leichter als bei heranwachsenden. Gerade bei ca. sechs Monate alten Tieren fällt es manchmal schwer, den Ganter genau zu bestimmen, weil der Penis noch sehr klein ist. Die Gans ist dagegen sehr gut zu erkennen. Hinzu kommt, dass gelegentlich der Penis nicht richtig ausgestülpt werden kann. Solche Ganter haben auch Schwierigkeiten mit der Besamung der Gänse und liefern nur mäßig oder wenig gut befruchtete Eier. Ratsam wäre es, diese Ganter nicht zur Zucht einzusetzen sondern zur Mast zu stellen (selektieren).
Nun zu dem Prozedere der Geschlechtsbestimmung. Die Bestimmung ist ganz einfach und sollte eigentlich jeder Gänsehalter beherrschen! Man zieht sich alte Kleidung an, weil man u. U. recht schmutzig werden kann, setzt sich auf einen festen Stuhl oder Hocker und legt sich einen Sack o. ä. auf den Schoß. Für berockte Frauen empfiehlt es sich, in diesem Fall lange Hosen anzuziehen, weil manche Gänse gern in die Beine beißen, was recht schmerzhaft ist.
Die Gans wird mit dem Rücken auf den Schoß gelegt. Ihr Hinterteil liegt auf den Knien, der Hals wird am Leib zwischen die Beine geklemmt. Es ist vorteilhaft, so tief zu sitzen, dass die Oberschenkel etwas schräg nach oben stehen, wodurch der Bauch der zu untersuchenden Gans etwas höher liegt als die Brust. Die Läufe der Gans sind festzuhalten. Ich mache das mit den Unterarmen. Spätestens dann, wenn man die Füße mit den Krallen einmal über das Gesicht gezogen bekommen hat, achtet man auch sehr auf diese Kleinigkeit des Festhaltens. Bei der so festgehaltenen Gans wird durch schrägen Zug beider Hände nach unten, deren Zeigefinger und Daumen rechts und links der Kloake liegen, die Kloake ausgestülpt. Bei einiger Übung geht das einfach und schnell. Mancher Ganter setzt dem allerdings einigen Widerstand entgegen (ich habe Verständnis!), doch führen Geduld und Beharrlichkeit zum Ziel.
Schwierig ist es manchmal, bei Junggantern das Geschlecht festzustellen, weil der Penis im Herbst, wenn wir die Tiere zur Zucht oder Mast aussuchen wollen, oft noch recht klein ist. Als Zuchtganter sollte solch ein Tier vorerst nicht abgegeben, bzw. eingesetzt werden. Eine spätere Geschlechtsbestimmung sollte noch einmal erfolgen, wenn es sich um ein vielversprechendes Exemplar handelt. Es ist nämlich durchaus möglich, dass es sich um einen Zwitter handelt oder wie auch o.a. der Ganter später schlecht befruchtet. In Zweifelsfällen sollte nach strengen züchterischen Erwägungen entschieden werden, weil sich kleine Mängel in der Zucht schnell zu größeren auswachsen können.
Die Feststellung des Geschlechts ist bei Gänsen also gar nicht so schwierig. Bei Erwerb von Zuchttieren sei dringend geraten, Gans bzw. Ganter zu garantieren, nachdem man sich mittels der beschriebenen Methode vom Geschlecht des erworbenen Tieres überzeugt hat.
Aller Anfang ist nicht schwer und Übung macht den Meister, auch bei der Feststellung des Geschlechts unserer Gänse. Bei den alten Zuchtgänsen haben wir die besten Möglichkeiten zu üben, um Profi auf diesem Gebiet zu werden, zum eigenen und anderer Züchter Nutzen. Übrigens kommt es, wenn die Untersuchung fachgerecht erfolgt, nicht zu irgendwelchen Schädigungen der Geschlechtsorgane der Gänse, das bestätige ich als alter Krankenpfleger. Und nun viel Erfolg beim Suchen !
Bernd Pohl